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Wappenkunde

Kleine Einführung in die Heraldik


Waffenwappen

  Namen, die kein sinnlich wahrnehmbares Wesen zur Unterlage haben, sind Schall und Rauch. Zeichen dagegen sprechen für sich. Diese Erkenntnis hat sich das farbenfrohe Mittelalter auf dem Gebiet der Heraldik besonders zu eigen gemacht. Die gleichförmige Ausrüstung der gepanzerten Ritter machte es im Mittelalter zu einer Notwendigkeit, sich mit unterschiedlichen Merkmalen zu versehen. Der Zusammenhang zwischen den Waffen einerseits und den darauf angebrachten Abzeichen andererseits haben es mit sich gebracht, dass die Abzeichen selbst als Waffen, Wappen in den Sprachgebrauch übergegangen und gegen Ende des Mittelalters zu einem festumrissenen Begriff geworden sind

Entstehung der Wappen

  Von Anfang an war das Wappen als reines Kennzeichen dem freien Belieben des Trägers anheimgestellt. Er konnte von sich aus bestimmen, welcher Unterscheidungsmerkmale er sich bedienen wollte. Die altmeisterliche Handwerkskunst löste die Aufgabe, die Unterscheidungsmerkmale auf den zur Verfügung stehenden Stellen kunstgerecht unterzubringen

Als größte Fläche neben der Fahne kam in erster Linie der Schild in Betracht, um hier in leuchtenden Farben und Metall ein Bild zu gestalten, das für den Träger sprechen sollte. Eine weitere Fläche bot die große Decke, die dem Schutz des Pferdes diente. Auch der Kopfputz wurde schon früh dazu benützt, als Träger unterscheidender Merkmale (Helmzier) zu dienen. 

Entwicklung 

Geschichtliche Urkunden bezeugen das erste Auftreten von Wappen in der Mitte des 12.Jahrhunderts, also kurz nach dem zweiten Kreuzzug. Während sich ursprünglich nur die Häupter des Reiches Wappen zulegten, folgten ihnen rasch Fürsten, Grafen, überhaupt Ritterbürtige nach. Was aber dem einen recht war, war dem anderen billig. Wir finden sehr früh schon Städtewappen. Das höhere Patriziat, die Geschlechter, die in den Städten saßen, fühlten sich dem Adel durchaus ebenbürtig. Sie legten sich ebenfalls Wappen zu.

Bürgerliche Wappen

Als nun die Städteverfassung durchbrochen wurde und aus der breiten Masse der bürgerlichen Handwerker ratsfähige Familien hervorgingen, nahmen auch diese Wappen an. Wappen waren also durchaus kein Vorrecht des Adels und sind es nie gewesen. Schon die Frühgeschichte der Heraldik kennt Wappen von Adeligen, Bürgerlichen und Bauern. Das Recht, ein Wappen anzunehmen, zu führen und zu vererben, ist ein völlig freies gewesen und ist es heute noch. Kaiserliche Verbote wollten wohl zu bestimmten Zeiten die Wappenschöpfung einschränken, konnten sie aber nur durch besondere Beamte, sogenannte Hofpfalzgrafen, in geregelte Bahnen führen.

Gestaltung der Wappen im Wandel der Zeiten

Die Wappen haben in ihrer äußeren Form Abwandlungen entsprechend den einzelnen Stilepochen gezeigt; sie waren der Mode unterworfen. Der Höhepunkt des Rittertums war auch die

Blütezeit der Wappenkunst

In dieser Zeit war die sogenannte „gotische“ Schildform die gebräuchliche. Zur frühgotischen Schildform gehört bei stilvoller Ausführung die entsprechende einfache Tuchdecke über dem Helm, meist in einer Quaste auslaufend

Diese ältere Wappenform zeigt in der Regel als Schildinhalt einfache, klare Teilungen, die durch die entsprechende Farbgebung wirkten. Die Form des Schildes kann wechseln. Sie muss aber immer stilistisch mit dem Helm und der Helmdecke übereinstimmen.

Die spätgotische Schildform verlangt in der Regel reichere Decken, die, dem Geschmack der damaligen Zeit entsprechend, dekorativer gehalten sind

Als Schildinhalt sind neben den Heroldsbildern die sogenannten gemeinen Figuren im zunehmenden Maße vertreten. Der heute sehr gebräuchliche runde Schild ermöglicht eine klare, deutliche Ausführung der Figuren des Schildinhaltes. (1) Ein gutes Wappen soll immer einfach sein. Es muss dem ausübenden Heraldiker ein besonderes Anliegen sein, hiernach zu handeln. In der Beschränkung soll sich der Meister zeigen. Natürlich darf diese angestrebte Einfachheit nie mit Primitivität verwechselt werden.

Dieses Wappen ist das Beispiel eines an und für sich heraldisch einwandfreien Wappens, das aber durch Überladung unschön wirkt. (2)Jede einzelne Figur ist wohl klar gezeichnet, hat auch ihre bestimmte Bedeutung, doch wirkt das ganze unerquicklich durch die unmögliche Fülle des Dargestellten. Auch die Helmzier widerspricht dem aufgestellten Gesetz der Einfachheit. Das Helmkleinod bringt wohl einen Teil des Schildinhalts nochmals zum Ausdruck, was einem Brauch aus der Blütezeit der Heraldik entspricht, wirkt aber, genau wie der Schild, unruhig und unklar durch die Fülle der hineingestopften Figuren. Von einem Wappen darf also mit Recht verlangt werden, dass es einerseits den heraldischen Gesetzen gerecht wird und andererseits sich durch Einfachheit und Klarheit auszeichnet. Der dem Wappen zugrundeliegende Sinn ist manchmal nicht auf den ersten Blick zu erkennen, ergibt sich aber in der Regel bei liebevoller Versenkung in die Materie. Die der Blütezeit folgenden Perioden führten die Heraldik in eine Zeit des Niedergangs, die in der Geschichte als

Verfallszeit der Heraldik

Bezeichnet werden. Ein Musterbeispiel hierfür, wie es leider oft vorgelegt wird und wie es nicht sein soll, stellt das folgende Wappen dar. (3)

Die Schildform ist unrein und heraldisch unmöglich. Der Schild selbst ist überladen. Die Bordierung wirft nicht nur unschön, sondern ist auch nicht gerechtfertigt. Die überreichen Helmdecken zeigen sowohl auf der Innen- wie auf der Außenseite Farben, während hier die Heraldik abwechslungsweise Farbe und Metall verlangt. Leider werden auch noch heute solche Auswüchse aus der Verfallszeit der Heraldik treulich mit einer Sorgfalt gepflegt, die einem besseren Wappen zu gönnen wäre.

Helmdecken

Die Helmdecke ist ein über den Helm oben und rückseitig gebreitetes Stück buntes Tuch. Sie hatte in den verschiedenen Jahrhunderten verschiedene Formen. Ursprünglich war sie als Schutz gegen die auf das blanke Eisen brennenden Sonnenstrahlen gedacht. Später diente sie dazu, in zweckmäßiger und zugleich zierlicher Weise die Schnüre und Schrauben, die den Helm mit Kleinod verbinden, zu verdecken. Die Helmdecken erschienen mit dem 13.Jahrhundert. Im Laufe der Zeit wurden sie immer größer und ihre malerische und symmetrische Anordnung immer betonter. Ihr Rand wurde, wie die Gewandsäume in dieser Zeit überhaupt, rund, blattartig oder spitzt ausgeschnitten. In den Farben stimmten sie mit den Tinkturen des Schildes bzw. des Kleinods überein, in der Regel das Metall innen und die Farbe außen zeigend. Ihre Vielfältigkeit wurde im Laufe der Zeit immer größer.

Welche Decke nun heute gewählt wird, hängt von der Form des Schildes und des Helmes ab. Da sie immer nur schmückendes Beiwerk ist, den Schildinhalt als solchen also gar nicht berührt, ist sie im Gegensatz zu diesem variabel. Ihre Form im einzelnen muss dem Geschmack des ausübenden Heraldikers, der sie mit dem ganzen Wappen in Einklang bringt, überlassen bleiben.

Heraldische Farbenzeichnung

Eine heraldische Grundregel besagt, dass es überhaupt kein Wappen ohne Farbe gibt. Dabei kennt die Heraldik nur vier Farben: Rot, Blau, Grün, Schwarz und zwei Metalle: Gold und Silber (Gelb und Weiß). Diese Farben heißen die heraldischen Farben oder Tinkturen. Die allgemeine Methode der Farbenbezeichnung bei Darstellung von nicht farbigen Wappen ist, dass man die Farben durch Schraffierung andeutet.

Diese Art der Farbenbezeichnung in der Heraldik ist schon seit über 400 Jahren üblich

Wappenfälscher

Die so weit verbreitete Annahme, dass in früheren Zeiten jede Familie ein Wappen geführt habe, ist irrsinnig; sie ist viele Jahrzehnte hindurch von unverantwortlichen geschäftstüchtigen Wappenmalern—in Fachkreisen nennt man sie Wappenfälscher—dahingehend ausgenützt worden, dass diese jedem Interessenten aus den bestehenden Wappenwerken ein lediglich auf einen gleich- oder ähnlich klingenden Namen eingetragenes, oftmals adeliges Wappen als sein Wappen aufschwätzten und für teures Geld eine mehr oder weniger gute Kopie anfertigten. Die so betrogene Familie hält manchmal das vererbte Wappen hoch in Ehren und sich unwissentlich mit fremden Federn.

Es ist deshalb für jeden Interessenten, welcher bereits im Besitze eines Wappens ist, empfehlenswert, dieses auf seine Führungsberechtigung hin nachprüfen zu lassen. Die

Wappenprüfung,

die natürlich nur bei dem Vorhandensein der wichtigsten Quellenwerke in der eigenen Fachbücherei und mit Hilfe der einschlägigen Literatur aus öffentlichen Bibliotheken mit Erfolg durchgeführt werden kann, ergibt, ob das geführte Wappen auch tatsächlich einem direkten Vorfahren verliehen worden ist, oder ob es durch die Skrupellosigkeit eines wenig gewissenhaften Heraldikers der vergangenen Jahre zu Unrecht in die Familie hereingekommen ist. 

Wappen—auch heute noch?

Die Ansicht, dass es wenig Sinn habe, heute noch ein Wappen zu führen oder es neu anzunehmen, ist völlig unbegründet. Ob das Wappen heute angenommen wird, oder vor Hunderten von Jahren in den Besitz der Familie kam, ist nicht ausschlaggebend. Wichtig ist, dass das Wappen auch tatsächlich dem Träger gehört, und dass es als Zeichen der Zusammengehörigkeit eines Geschlechts entsprechend gewürdigt wird. Jeder Stifter eines neuen Wappens darf davon überzeugt sein, dass seine Nachfahren sich mit gleichem Stolz des Stifters dieses äußeren Zeichens der Zusammengehörigkeit erinnern werden, wie dies der Fall ist, wenn ein Urwappen festgestellt werden kann. Auch Wappen, die seit vielen Jahren in einer Familie geführt wurden, bedürfen oft der behutsam zugreifenden Hand des Berufsheraldikers. Sie kommen häufig aus den Zeiten des Verfalls. Ihre Richtigstellung bei Erhaltung der heraldischen Substanz ist deshalb eine Notwendigkeit. Der Schildinhalt allerdings ist bei  jedem Wappen unverrückbar festgesetzt. Jede Änderung darin ergibt ein neues Wappen.

Heraldik, eine Geheimwissenschaft

Im Gegensatz zu manchen geschäftstüchtigen Unternehmen steht der ernsthafte Heraldiker auf dem Standpunkt, dass die heraldische Arbeit durchaus nicht im Halbdunkel der Geheimwissenschaft stehen soll. Aus den Bearbeitungsbedingungen ist deshalb der Arbeitsvorgang einer Wappenforschung klar und deutlich ersichtlich. Es wird  heute noch genau so verfahren wie in der Blütezeit der Heraldik.

Führungsberechtigung

Nur der lückenlose, urkundliche Nachweis, dass der Antragsteller im Mannesstamme vom Urwappenträger abstammt, oder ein gesetzlicher bzw. gerichtlich anerkannter Rechtsanspruch, berechtigt heute lebende Personen zur Führung eines vorgefundenen Wappens, welches in früheren Jahrhunderten angenommen oder verliehen wurde.

Wappenforschung

Die Forschung erfolgt durch systematisches Suchen in den bestehenden Wappenwerken und Sammlungen. Dabei werden die Namensträger gleicher und ähnlicher Schreibweise festgestellt und in einem Archiv aufgenommen. Durch eine möglichst weit zurückreichende Stammesreihe nach den Angaben des Antragstellers  wird versucht, den urkundlichen Zusammenhang zu einem Urwappen festzustellen. Ergibt die Wappenforschung, dass wohl Wappen von gleichen Namensträgern geführt wurden, ein blutsmäßiger Zusammenhang mit einem Urwappenträger aber nicht erbracht werden kann, so kann das gefundene Wappen, sich nur auf Namensgleichheit stützend, nicht ohne weiteres geführt werden. Es wird dann vielmehr ein Neuentwurf geschaffen. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch, wenn kein Urwappen festgestellt werden kann. Bei der  Neuschöpfung wird besonderer Wert darauf gelegt, dass das neugeschaffene Wappen in jeder Beziehung heraldisch einwandfrei und so gestaltet wird, dass es tatsächlich neu, d. h. mit keinem bereits bestehenden Wappen identisch ist. Es sei noch darauf hingewiesen, dass seit der Zeit des Aufkommens der Wappen diese zum großen Teil frei angenommen sind.   

Quelle: Heraldische Kunstwerkstätten, Alfred Dochtermann, Stuttgart-Bothang, 1947


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Stand: 11.12.12     Besucher:         Copyright © 2005-2012  Stael von Holstein